Pfarrkirche Maria vom Siege, Wien XV

Es hat manchmal auch etwas Gutes, wenn man zwei Tage vor Weihnachten in aller Herrgottsfrüh jemanden zum Bahnhof begleiten muß – zumindest wenn es dabei gerade schneit und man daran gedacht hat, die Kamera mitzunehmen…

Denn gleich neben dem Wiener Westbahnhof liegt die Kirche Maria vom Siege, einer jener Bauten, die in Wien fast jedem bekannt sind, den meisten aber nur im Vorbeifahren vom Auto aus, führt doch der Gürtel quasi direkt vor der Kirchentür vorbei. Dabei verdient die Kirche es durchaus, auch näher und länger betrachtet zu werden: Errichtet wurde sie 1868 bis 1875 nach Plänen von Friedrich von Schmidt (1825 – 1891), dem wenn man so will ‚Hauptmeister‘ der neugotischen Architektur im Wien des 19. Jahrhunderts, der hier nicht nur für das berühmte Rathaus, sondern auch für eine ganze Reihe von Kirchenbauten verwantwortlich zeichnete. Maria vom Siege ist darunter einer der Außergewöhnlichsten, da von Schmidt hier (neu-) gotische Formen mit der Idee eines zentralen Kuppelraums, wie ihn die italienische Renaissance entwickelt hatte, verband. Eine Kombination, die der damals üblichen Forderung nach Stilreinheit in der historistischen Architektur entschieden zuwiderlief, die aber Schule machen sollte: Rund zehn Jahre später entwarf Imre Steindl (1839 – 1902), ein Schüler von Schmidts, das monumentale Parlamentsgebäude in Budapest als neugotische Anlage mit zentraler Kuppel.

Aus heutiger Sicht freilich muten die im 19. Jahrhundert geführten Debatten um Stilreinheit in der Architektur eher abgehoben und bizarr denn nachvollziehbar an. Und die Art wie von Schmidt bei diesem Kirchenbau eine hoch aufragende Kuppel mit gotischen Giebeln, Türmen und Fialen umstellt, erscheint heute als ästhetisch ausgesrprochen reizvoll. Im frisch gefallenen Schnee, wenn an einem Dezembertag gerade erst der Morgen dämmert, verströmt das Ganze sogar so etwas wie Weihnachtsstimmung… In diesem Sinne: Frohes Fest!

*******

The church of Maria vom Siege [Our Lady of Victory] in Vienna’s 15th district was built from 1868 to 1875 after designs by Friedrich von Schmidt, the most important exponent of Gothic Revival architecture in 19th century Vienna. What is unusual, though, is that von Schmidt in this case combines the Gothic style with a central cupola, an element taken from Renaissance architecture. From today’s point of view, though, the result is quite appealing and, seen early on a December morning in the freshly fallen snow, the building seems to radiate a cosy, Christmas-y atmosphere. So, merry Christmas!

Dieser Beitrag wurde unter Wien abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Pfarrkirche Maria vom Siege, Wien XV

  1. Gabi schreibt:

    Danke für diese Info. Sollte ich wieder mal in diese Gegend kommen, werde ich mir diese Kirche gerne mal näher ansehen.
    lg Gabi

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..